Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Siostrzonek ist Ärztlicher Leiter der Abteilung für Innere Medizin II, Kardiologie im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kardiologie. Der Experte wurde auch in den Sicherheitsstab des Nationalen Impfgremiums berufen und gibt Einblick in aktuelle Fragen rund um die Corona-Schutzimpfung.
Wie sicher sind die derzeit verfügbaren Impfstoffe?
Alle in Europa zugelassenen COVID-19-Impfstoffe werden erst nach ausreichender Überprüfung auf den Markt gebracht. Sie sind daher wirksam und sicher.
Kann man sich aussuchen, womit man geimpft wird?
Nicht alle Impfstoffe sind überall verfügbar, weil sie mitunter speziell gelagert werden müssen. Das heißt, im Spital sind andere Impfstoffe verfügbar als etwa in einer Arztpraxis. Eine freie Wahl wird daher aufgrund der Verfügbarkeit nicht möglich sein. Auch ist nicht jeder Impfstoff für jede Person gleich gut geeignet, sodass es je nach Impfstoff unterschiedliche Zielgruppen gibt. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, wenn Sie Bedenken haben!
Wie kann der Laie feststellen, ob eine Impfreaktion vorliegt?
Bei jeder Impfung können Reaktionen auf den Impfstoff auftreten. Das gilt auch für die Corona-Schutzimpfung. So können an der Einstichstelle sehr häufig Schmerzen, Rötung und Schwellung auftreten. Darüber hinaus kann es zu Müdigkeit, Kopf-, Muskel- oder Gelenksschmerzen, Lymphknotenschwellung, Übelkeit, Erbrechen, Frösteln oder Fieber kommen. Wenn mehr als drei Tage nach der Impfung immer noch eines der Symptome spürbar ist, suchen Sie einen Arzt auf und lassen Sie abklären, ob Ihre Beschwerden mit der Impfung zusammenhängen.
Warum müssen geimpfte Personen dennoch weiterhin FFP2-Masken tragen und die Hygienemaßnahmen einhalten?
Die Impfung vermindert das Risiko, schwer an COVID-19 zu erkranken oder zu versterben. Kommt es in Ausnahmefällen trotz Impfung zu einer COVID-19-Erkrankung, so verläuft diese deutlich milder. Es werden Komplikationen und Todesfälle vermieden. Derzeit sind die Daten noch nicht ausreichend, um festzustellen, ob geimpfte Personen nach wie vor für eine Weiterübertragung des Virus verantwortlich sein können. Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Masken müssen so lange aufrechterhalten werden, bis ausreichend viele Menschen geimpft sind, also die sogenannte „Herdenimmunität“ erreicht ist.
Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Masken müssen so lange aufrechterhalten werden, bis ausreichend viele Menschen geimpft sind, also die sogenannte „Herdenimmunität“ erreicht ist.
Wie sind die Impfreaktionen im Zusammenhang mit dem AstraZeneca-Impfstoff zu beurteilen?
Weltweit haben bereits rund 20 Millionen Menschen den Impfstoff von AstraZeneca erhalten und sind damit gegen schwere Verläufe von COVID-19-Infektionen geschützt. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA (European Medicines Agency) hat kürzlich erneut bestätigt, dass der Nutzen des COVID-19 Impfstoffs von AstraZeneca weiterhin die Risiken bei Weitem überwiegt.
Richtig ist, dass sehr selten Fälle von schwerwiegenden Gerinnungsstörungen und Hirnvenenthrombosen beschrieben wurden, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung aufgetreten sind. Ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Impfstoff ist aber bisher nicht gesichert. In den beobachteten Fällen handelt es sich vermutlich um eine besondere Art der Immunreaktionen, die dazu führt, dass sich die Blutplättchen verklumpen. Die zu Grunde liegende Störung unterscheidet aber wesentlich von jenen Gerinnseln, die bei Venenthrombosen und Lungenembolien vorliegen. Daher gilt auch, dass Patienten, die zu Thrombosen neigen, keinesfalls besonders gefährdet sind oder von der Impfung ausgeschlossen werden müssen.
Macht es Sinn, bereits vor der Impfung blutverdünnende Medikamente einzunehmen?
Patienten, die diese Medikamente aufgrund von einer Erkrankung bereits einnehmen, sollen diese weiter nehmen. Es macht aber keinen Sinn, vorbeugend zum Beispiel Aspirin zu schlucken oder Heparin zu injizieren, weil es sich eben nicht um eine herkömmliche „Verstopfung“ von Gefäßen handelt, sondern um eine besondere Immunkreation des Körpers.
Was ist bei einer allergischen Reaktion im Zusammenhang mit der Impfung zu tun?
Sehr seltene allergische Reaktionen auf den Impfstoff treten in aller Regel unmittelbar nach der Impfung auf. Daher werden Patienten auch bis zu einer Stunde nach der Impfung überwacht. Die Betroffenen können dann im Bedarfsfall vor Ort notfallmedizinisch versorgt werden, so wie bei jeder anderen bestehenden Medikamentenallergie.